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Dekubitus - Definition und Entstehung

Dekubitus

Der Dekubitus stellt bei pflegebedürftigen Patienten sowohl in Pflegeheimen als auch im stationären und häuslichen Bereich eine häufige Komplikation dar.1 Für die Betroffenen ist er eine schwerwiegende Einschränkung der Gesundheit und der Lebensqualität. Die Prävalenz in der Akut- und Langzeitpflege in Deutschland liegt bei 2-4%.2 Aus diesem Grunde kommen der Prävention und richtigen Behandlung im Gesundheitswesen eine zentrale Bedeutung zu.

Definition und Entstehung

„Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunter liegenden Gewebes, typischerweise über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche tatsächlich oder mutmaßlich mit Dekubitus assoziiert sind, deren Bedeutung aber noch zu klären ist“.3

Definition Dekubitus in Anlehnung an die internationale Definition der NPUAP, EPUAP und PPPIA (2014)


Neben Druck und Zeit spielen bei der Entstehung von Dekubitus vor allem Scher- und Zugkräfte eine entscheidende Rolle, aber auch das Mikroklima mit Faktoren wie Temperatur, Schwitzen, Inkontinenz etc. sind zu berücksichtigen. Auch kann Reibung einen Einfluss haben. Darüber hinaus sind sogenannte individuelle Risikofaktoren wie z. B. Alter, Dehydratation oder Medikamenteneinnahme relevant.

Laut Expertenstandard sind die drei folgenden individuellen Patientenmerkmale die wichtigsten kausalen Faktoren für das Dekubitusrisiko:

  1. Beeinträchtigung der Mobilität
  2. Störungen der Durchblutung
  3. Bereits beeinträchtigter Hautzustand bzw. vorbestehender Dekubitus


Auf Basis der Analyse verschiedener Leitlinien, fasst der Expertenstandard die wichtigsten Risikofaktoren für die Dekubitus-Entstehung wie folgt zusammen:

  • schlechter Ernährungszustand
  • verminderte Aktivität und Mobilität
  • erhöhte Hautfeuchtigkeit
  • Begleiterkrankungen (z. B. Diabetes mellitus)
  • verminderte sensorische Wahrnehmung
  • demographische Variablen wie Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit
  • Durchblutung und Sauerstoffversorgung der Haut
  • vorhandener Dekubitus

 

 

Anhaltender Druck kann dabei unter dem Einfluss von Scherung und Reibung mit zunehmender Zeit zu zunehmenden Komplikationen führen:

  1. Gefäßkompression (Arteriolen und Venolen)
  2. Abnahme der Durchblutung (Ischämie) sowie unterbrochener Austausch von O2 und CO2
  3. Störung der Zellfunktion (Störung des Nährstofftransportes und Anhäufung von Stoffwechselprodukten)
  4. Flüssigkeitsverlust aus dem Intravasalraum (Gefäßraum)
  5. Ödembildung / Blasenbildung
  6. Hautläsion – Gewebezerfall (Nekrose)


Dekubitus-Lokalisation und Prädilektionsstellen

Von Dekubitus betroffen sind vorwiegend Körperpartien, bei denen hervorstehende Knochenpartien dicht unter der Haut liegen, ohne durch Unterhautfettgewebe
oder Muskulatur ausreichend gepolstert zu sein. Eine entscheidende Rolle bei der Dekubitus-Entstehung spielen hier die konvexen Strukturen dieser Körperstellen.
Bei konvexen Konturen ist die Oberfläche des Knochens kleiner als das dazugehörige Hautareal.
Dabei handelt es sich immer um Körperpartien, an denen das Skelett direkt an die Oberfläche grenzt und die druckverteilende Funktion des Unterhautfettgewebes und der Muskulatur fehlt.

Kachexie und Osteoporose als verstärkende Faktoren

Leidet ein Patient unter Kachexie, d. h. starker Abmagerung, mit Abnahme des subkutanen Gewebes, nimmt die Konvexität seiner Körperkontur zu, wodurch das Dekubitusrisiko steigt.

Ähnliches gilt für Patienten mit Osteoporose, da diese ebenfalls die Entstehung konvexer Körperkonturen begünstigt. Zum Beispiel, wenn im Verlauf der Osteoporose-Erkrankung ein kyphotischer Rundrücken, im Volksmund „Witwenbuckel“ genannt, entsteht. Dabei bilden die hervorragenden Dornfortsätze und der „Rippenbuckel“ konvexe Konturen aus, die besonders Dekubitus-gefährdet sind.


Auf die Lage kommt es an

Welche Körperstellen darüber hinaus jeweils besonders gefährdet sind, hängt auch von der Lage des Patienten ab. „PflegeHeute “ führt je nach Lage folgende Prädilektionsstellen auf:4

  • in Rückenlage: Kreuz und Steißbein, Fersen, Schultern, Hinterkopf, Wirbelsäule und Ellenbogen
  • in Seitenlage: Ohrmuscheln, Großer Rollhügel, Knie, Ellenbogen, Fußknöchel
  • in Bauchlage: Stirn, Ellenbogen, Beckenknochen, Rippen, Kniescheiben, Zehen
  • im Sitzen: Fersen, Fußballen, Hinterkopf, Sitzbeinhöcker, Wirbelsäule, hintere Seite des Oberschenkels

 


Klassifikation

Das aktuelle Klassifizierungssystem für Dekubitus der Fachgesellschaften (EPUAP/. NPIAP/PPPIA entsprechend den Leitlinien 2019) dient dazu, den Grad der Gewebeschädigung zu evaluieren und zu dokumentieren.5 Auch kann dadurch eine Dekubitusrisiko-Einschätzung mit entsprechenden Dekubitus-Prophylaxemaßnahmen abgeleitet und durchzuführt werden. Sie dienen auch als Leitlinie für eine adäquate Dekubitus-Behandlung, wie Positionierung, Druckentlastung bzw. Druckumverteilung Schmerzmanagement, Ernährung, aber auch für die Wundbehandlung.

Dekubituskategorien nach dem European Pressure Ulcer Advisory Panel (2019)

 

(Darstellung Haut)

Kategorie  1:

intakte Haut mit persistierender umschriebener Rötung, Bereich im Vergleich zur Umgebung kann schmerzhaft, wärmer, härter oder weicher als Umgebung sein; Fingertest positiv
Merke: bei Patienten mit dunkler Hautfarbe ist die Hautinspektion schwieriger.

Kategorie  2:

Oberflächenläsion/Teilverlust der Haut: offenes Ulcus, intakte/eruptierte Blasen (Spannungsblasen),
Merke: Kategorie nicht zur Beurteilung verbandsbedingter Hautschäden

Kategorie 3:

Vollständiger Verlust der Hautschichten, Schädigung/Nekrosen des Subkutangewebes bis zur Faszie; Beläge, Taschenbildung;
Merke: An Körperregionen, die kein/ wenig subkutanes Gewebe besitzen, wie z.B. Ohr, Nasenrücken oder Hinterkopf sind Hautläsionen oberflächlich

Kategorie 4:

Vollständiger Gewebeverlust mit freiliegenden Sehnen, Knochen oder Muskeln; Nekrose von Muskeln, Knochen, Gelenkkapseln; Gefahr von Sepsis und Osteomyelitis

Keiner Kategorie/Stadium zuzuordnen:

a. Basis des Ulcus ist von Schorf und/oder oder Belägen bedeckt;
b. Unterscheidung Druck in der Tiefe und Druck an der Oberfläche z. B. gerätebedingten Druck (wie Katheter)

Weiterführende Informationen zu Wundversorgung und geeigneten Wundauflagen finden Sie auf unserer Website.

Quellen:

  1. Wissenschaftliches Institut der AOK. Pflege-Report 2018: Zu viele Antipsychotika-Verschreibungen, Dekubitus-Fälle und Krankenhauseinweisungen in deutschen Pflegeheimen.
  2. Kottner J, Kröger K, Gerber V, Schröder G, Dissemond J. Dekubitus erkennen und richtig klassifizieren:ein Positionspapier. Der Hautarzt. 2018;69:839-847. doi: 10.1007/s00105-018-4230-6.
  3. National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory Panel und PanPacific Pressure Injury Alliance. Prevention and Treatment of Pressure Ulcers: Quick Reference Guide. Emily Haesler (Ed.). Cambridge Media: Osborne Park, Western Australia; 2014. Deutsche Übersetzung unter http://www.epuap.org/wp-content/uploads/2016/10/german_quickreference-guide.pdf.
  4. Nicole Menche , Ed. PflegeHeute , 7. Auflage. Urban & Fischer; 2019:
  5. European Pressure Ulcer Advisory Panel, National Pressure Injury Advisory Panel and PanPacific Pressure Injury Alliance. Prevention and Treatment of Pressure Ulcers/Injuries: Quick Reference Guide. Emily Haesler (Ed.). EPUAP/NPIAP/PPPIA; 2019.
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