Pressemeldung Berlin, 21.05.2024
„Der Auftrag zeigt, dass die bisherigen Evidenzkriterien für spezielle Produkte zur Wundbehandlung nicht geeignet sind. Die Verbandmittel-Hersteller brauchen Klarheit, wie die Nutzenbewertung erfolgen kann“, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Da das IQWiG für die Ergebnisse zehn Monate Zeit hat, sei dies „ein weiteres Argument dafür, dass der Gesetzgeber die im Dezember 2024 auslaufende Frist erneut verlängern muss“, so der BVMed.
Eine vertiefende wissenschaftliche Analyse zu den relevanten Endpunktkriterien ist aus Sicht des BVMed entscheidend für die Bewertbarkeit der Wundprodukte und somit zur Umsetzbarkeit der Nutzenbewertungsverfahren. Der G-BA-Vorsitzende Prof. Josef Hecken hatte vor diesem Hintergrund in einem aktuellen Interview mit der ÄrzteZeitung geäußert, dass im Bereich der Verbandmittel-Erstattung politischer Handlungsbedarf bestehe, da ansonsten Versorgungslücken drohen. Dazu BVMed-Geschäftsführer Möll: „Der Gesetzgeber ist deshalb erneut gefordert. Wir schlagen eine Expert:innenanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages und eine nochmalige Verlängerung der Übergangsfrist vor, um praxisgerechte Lösungen zu entwickeln, Versorgungsengpässe bei Wundpatient:innen zu vermeiden und die Pflege zu entlasten.“
Hintergrund der anhaltenden Diskussion ist, dass für sogenannte „sonstige Produkte zur Wundbehandlung“ künftig ein Bewertungsverfahren durchgeführt werden muss, bevor sie durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erstattet werden. Der Gesetzgeber gewährte Mitte 2023 den betroffenen Verbandmittel-Herstellern zwar ein Beratungsrecht zur Methodik der für die Nutzenbewertung erforderlichen Studien. Bislang sind aber in der G-BA-Praxis keine auf die Wundversorgung angepassten Evidenzkriterien für die erstattungsrelevanten Nutzennachweise definiert. „Im ersten Schritt braucht es nun Zeit für die Definition der Evidenzkriterien und der Studiendauer, im zweiten Schritt aber auch für die dann anstehende Studienphase“, so BVMed-Wundversorgungsexpertin Juliane Pohl. Die BVMed-Expertin erhofft sich von dem IQWiG-Bericht „Erkenntnisse für die adäquate Bewertung der Produkte sowie Kriterien“.
Bei der Nutzenbewertung der Produkte ist strittig, ob beispielsweise bei chronischen Wunden und einem nur zeitlich begrenzt angewendeten Wundverband der vollständige Wundverschluss als sogenannter Endpunkt nötig ist. Eine Umfrage des BVMed auf dem Bremer Wundkongresses im Mai 2023 ergab, dass es 92 Prozent der teilnehmenden Wundfachkräfte in der Therapie von Wunden mit dem Risiko oder Anzeichen einer Infektion zunächst um die Reduktion klinischer Infektionszeichen geht. Auch die Reduktion von Schmerzen und die Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurden mit überwiegender Mehrheit angegeben. Die Reduktion der Wundfläche steht demnach bei 58 Prozent im Fokus, die Reduktion der Keimlast in der Wunde bei 55 Prozent. Der komplette Wundverschluss wurde nur von 22 Prozent der Befragten genannt.
„Das jeweilige medizinische Therapieziel in der Wundversorgung und die Erfahrungen aus der Praxis müssen bei der Nutzenbewertung dieser sonstigen Produkte zur Wundbehandlung unbedingt berücksichtigt werden. Denn: Diese Produkte sind ausschließlich in bestimmten Phasen der Wundheilung und für eine begrenzte Zeit zur Behandlung chronischer Wunden anzuwenden“, so Pohl.
Weitere Informationen gibt es im BVMed-Themenportal Wundversorgung unter