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Alarmierende Amputationszahl – Wie Sie Komplikationen beim DFS vermeiden können

DFS

Ein Viertel aller Diabetiker leidet im Laufe der Erkrankung an einem Diabetischen Fußsyndrom (DFS). Häufig ist als Folge eine Amputation notwendig. Dies könnte allerdings durch eine leitliniengerechte Versorgung im Vorfeld verhindert werden. Die Wundzentrale hat die wichtigsten Infos rund um eine regelgerechte Behandlung des DFS zusammengefasst. Unser Ziel ist es, an der Wundversorgung beteiligtes Fachpersonal zu unterstützen und so vielleicht Wege zu finden, Amputationen vorzubeugen. 

Etwa 25 % aller Diabetiker erleiden im Laufe ihrer Krankheitsgeschichte ein DFS.1 Ohne passende Behandlung und Prävention kann diese Erkrankung schwerwiegende Folgen haben und sogar eine Amputation notwendig machen. Das zeigen auch aktuelle Statistiken: So erfolgen in Deutschland jährlich 40.000 Amputationen aufgrund eines Diabetischen Fußsyndroms.2 Die Zahl der Majoramputationen, also transmetatarsale Amputationen und höhere Amputationen, ist zwar seit den letzten zehn Jahren stark rückläufig (minus 6,5 Prozent), aber immer noch immens hoch und liegt bei 8.500.1 Besonders Majoramputationen schränken die Betroffenen stark ein, dabei wird nicht nur die Lebensqualität verringert, sondern oft auch die Lebenserwartung reduziert.3 Viele Amputationen könnten allerdings durch eine patientenspezifische Behandlung und gezielte Diagnostik vermieden werden.4

 

Welche Therapie-Aspekte beugen Amputationen vor?

Die Diabetestherapie ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Methoden und Fachgebiete, das für jeden Patienten eine spezifische Vorgehensweise erfordert. Liegt ein DFS vor, sollte eine Amputation gut überlegt sein und erst nach vorhergehenden Therapien, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht, und dem Einholen einer Zweitmeinung durchgeführt werden. Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass dies oftmals nicht der Fall ist: Bei 37 % aller betroffenen Diabetiker wurden Diagnostik und Therapie des DFS bis zu zwei Jahre vor der Amputation nicht anhand der Leitlinie durchgeführt.1 Eine leitliniengerechte Behandlung ist aber besonders wichtig, denn sie hilft, den Status quo zu erhalten oder zu verbessern und kann so effektiv dazu beitragen, Amputationen zu vermeiden. 

In die Therapie müssen dabei verschiedene Aspekte einbezogen werden:1,7,8

  • Arterielle Revaskularisation: Vor drohender Amputation sollten alle Möglichkeiten genutzt werden. Dazu gehört auch, dass allen pathologisch beeinflussten Bereichen des Beines Beachtung geschenkt wird.1
  • Druckentlastung:7,8 Es werden Bettruhe, Gehstützen, Einlagen und Polster empfohlen, angepasst an die Patientenbedürfnisse. Es ist außerdem eine Patientenedukation nötig, damit Gehhilfen auch genutzt werden und die Notwendigkeit einer generellen Druckentlastung aufgezeigt wird.

Mögliche Arten der Fußpolsterung und Einlagen: 

 

  • Infektionskontrolle:1,7,8 Jeder Patient sollte einmal täglich nach Anweisungen seines Arztes seine Füße begutachten, denn je früher (infizierte) Wunden behandelt werden, desto einfacher ist es, eine Amputation zu vermeiden. Die Behandlung der infizierten Wunde kann entweder mit topischen Antiseptika oder systemischen Antibiotika erfolgen.
  • Wundmanagement:7,8 Hier ist das Nekrosen- und Exsudatmanagement mit phasengerechten Wundauflagen und angepasstem Debridement wichtig. Außerdem können PHMB- oder silberhaltige Wundauflagen zur Verhinderung von Infektionen genutzt werden. 
  • Verbesserung der Durchblutung (pAVK) und Behandlung anderer Grunderkrankungen.7,8
  • Blutzuckereinstellung.7,8

Eine interdisziplinäre Behandlung ist beim DFS dringend nötig, um bestehende Läsionen zu behandeln. Die verschiedenen Fachärzte und Spezialkliniken haben Erfahrung in Bezug auf Risiken und Möglichkeiten.9

Um vorschnelle Amputationen zu verhindern, fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft die Umsetzung des obligatorischen Zweitmeinungsverfahrens.1 Denn mit der richtigen Therapie können Körperteile erhalten bleiben.

Welche Kosten sind mit Diabetes und Amputationen verbunden?

Die Vermeidung von Amputationen wirkt sich nicht nur positiv auf die Betroffenen aus: Es wird auch ein erheblicher finanzieller Aufwand umgangen, denn der Eingriff einer Amputation ist teuer und belastet das Gesundheitssystem.10 In den meisten Fällen ist eine konservative Therapie auf Dauer wesentlich günstiger.10

Denn mit dem operativen Eingriff der Amputation ist die Versorgung des Patienten nicht abgeschlossen.1,10 Nach der Amputation sind Wundversorgung, Infektionsprophylaxe, Rehabilitation, Gehstützen und weitere Aspekte, die unter Folgekosten zusammengefasst werden, notwendig. All dies übersteigt in den meisten Fällen die Kosten einer Therapie ohne Amputation.1 Auch die stationären und poststationären Behandlungskosten sind deutlich höher durch eine im Mittel um 5 Tage verlängerte stationäre Behandlung.1

Die Grunderkrankung Diabetes mellitus erschwert die Therapie zusätzlich und treibt so die Kosten in die Höhe: Die Kosten für Diabetiker mit Amputationen liegen bei rund 115.000 Euro im Jahr, verglichen mit 92.000 Euro bei Nicht-Diabetikern.1 

 

Auch Rezidive sind häufig. Gerade bei Minoramputationen, also Amputationen im Vorfuß- und Mittelfußbereich, entwickeln bis zu 75 % der Patienten innerhalb von fünf Jahren ein Rezidiv, das erneut Kosten verursacht. Im Vergleich lag die Rezidivzahl bei Abheilung der Läsionen ohne Amputation bei nur 57 %.3 Um Kosten zu senken, ist somit eine Vorbeugung von Majoramputationen besonders wichtig. 

 

Das Wichtigste in Kürze

Immer noch ist eine hohe Zahl an Amputationen bei Diabetikern zu verzeichnen, obwohl diese oft vermeidbar wären. Wichtig ist eine gute metabolische Einstellung und eine frühzeitige und passende Therapie mit Wundbehandlung, Durchblutungsverbesserung, Infektionsprophylaxe und -behandlung sowie Druckentlastung. Doch auch die Patienten selbst sind gefragt: Die regelmäßige Selbstkontrolle der Füße kann zur Früherkennung von Wunden beitragen. Ist eine Wunde so weit fortgeschritten, dass eine Amputation nötig erscheint, ist dringend eine Zweitmeinung von einem Experten oder in einem spezialisierten Gefäßzentrum einzuholen. 

 

Referenzen

[1] Lawall, H. Diabetisches Fuß-Syndrom: über Polyneuropathie, Durchblutungsstörungen und Zweitmeinungen. Erschienen in: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2018. S. 98; www.diabetesde.org/system/files/documents/gesundheitsbericht_2018.pdf. Letzter Zugriff Februar 2019.

[2] Müller-Wieland, D., Kröger, J. Forschung, Versorgung, digitale Transformation und Prävention – Weichenstellungen für die Zukunft Erschienen in: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2018.

S. 5; 

[3] Rümenapf, G. et al. Minoramputationen bei diabetischem Fußsyndrom. Der Orthopäde 38 (12): 1160-1170 2009.

[4] Rümenapf, G. et al. Neue Konzepte zur interdisziplinären Versorgung von Patienten mit neuroischämischem diabetischem Fußsyndrom (DFS) Gefäßchirurgie 17 (5): 327-333.

[5] Eckhardt, A., Lobmann, R.: Der diabetische Fuß – Interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Springer Medizin-Verlag, Heidelberg, 2005.

[6]  Hochlenert, D., Engels, G., Morbach, S.: Das Diabetische Fußsyndrom, Springer

Medizin-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2014.

[7] Morbach S, Lobmann R, Eckhard M et al. DDG Praxisempfehlung Diabetisches Fußsyndrom. Diabetologie 2018; 13 (Suppl 2): 244–252.

[8] Morbach, S., Müller, E., Reike, H., Risse, A., Spraul, M. Diagnostik, Therapie, Verlaufskontrolle und Prävention des Diabetischen Fußsyndroms. Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie DDG. Hrsg. Scherbaum, W. A., Kiess, W., Landgraf, R.:

Diabetes und Stoffwechsel, Band 13, Suppl. 2,

Kirchheim, Mainz, Mai 2004. Update 2008: http://www.deutsche-diabetesgesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/EBL_Fusssyndrom_Update_2008.pdf ; Letzter Zugriff August 2019.

[9] Spraul, M. Interdisziplinäre Behandlung des diabetischen Fußsyndroms, Diabetologe 5: 78, 2009. 

[10] Morbach, S., Müller, E., Reike, H. et al. Diagnostik, Therapie, Verlaufskontrolle und Prävention des diabetischen Fußsyndroms. Diabetes und Stoffwechsel 13, 2004.

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